Umwelt & Soziales

Unsere letzte Chance!

Nicht der Klimawandel, sondern die Dringlichkeit des Handelns ist das Problem

- Ein Aufruf zur Wahl der Gemeindevertretung -

Genau betrachtet sind mit dem Klimawandel zwei Herausforderungen verbunden: Erstens, dass wir viele unserer Lebensbereiche, von Mobilität bis Konsum, verändern müssen. Das ist inzwischen allgemein weitgehend akzeptiert. Die zweite Herausforderung aber ist noch nicht ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen, nämlich dass wir für diese Änderungen nur mehr kurz, konkret sind es sieben Jahre, Zeit haben. Gelingen uns die erforderlichen Änderungen bzw. Umstellungen in dieser Zeit nicht, so überschreiten wir jene Grenze, ab der sogenannte Kippeffekte ausgelöst werden können und wir hilflos einer sich selbst verstärkenden Klimakatastrophe ausgeliefert wären.

Warum ist das so? Zu Anfang der Industrialisierung betrug der CO2-Gehalt der Atmosphäre 280 ppm, also 280 Teile CO2 in einer Million Teile Luft. Seither ist dieser Anteil ständig gestiegen und beträgt gegenwärtig 423 Teile CO2. Und es ist inzwischen wissenschaftlich gesichert, dass wir weltweit die Grenze von 450 Teilen CO2 nicht überschreiten dürfen, weil ab dann einer der für uns gefährlichen 17 Klimakipppunkte (z.B. Auftauen der Permafrostböden) ausgelöst werden kann. Das würde zum Auslösen weiterer Kipppunkte und damit zu einem sich selbst verstärkenden und menschheitsbedrohenden Klimawandel führen. Und genau dieser Grenze von 450 ppm nähern wir uns rasend schnell. Die gegenwärtig 423 ppm CO2 nehmen pro Jahr um 3,5 ppm (mit steigender Tendenz) zu. Rechnerisch ergibt dies, dass unser Klimasystem in sieben Jahren kippt, wenn wir weitermachen wie bisher. Wir sind also tatsächlich die letzte Generation, die noch etwas dagegen tun kann.

In dieser Situation hat es die Evangelische Kirche Österreich zu ihrem Ziel erklärt, einen Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen zu leisten. Konkret bedeutet dies, bis 2030 die CO2-Emissionen um zwei Drittel und bis 2035 um das letzte Drittel zu verringern. Das ist eine große Herausforderung sowohl für alle Pfarrgemeinden als auch für uns evangelische Christen!

Was wir als Christen tun können, wurde etwa im Rahmen der Initiative „Gutes Leben in Verantwortung“ in Form der sechs Trümpfe dargestellt: Ökostrom, Wärmepumpe, E-Mobilität, Flugverzicht, Fleischreduktion, Konsumgenügsamkeit.

Diese Beiträge jedes/r Einzelnen sind äußerst wichtig, verursachen wir doch z.B. alleine in einer Pfarrgemeinde mit 1.500 Mitgliedern jährlich 15.000 Tonnen CO2.

Weil für die erforderlichen Veränderungen die nächsten sieben Jahre entscheidend sind und die im Herbst zu wählende neue Gemeindevertretung sechs Jahre davon gestalten wird, so wird die große Verantwortung der neuen Gemeindevertretung für den Klimaschutz und damit für die Schöpfung deutlich. Mit anderen Worten: für versäumte Klimaschutzmaßnahmen in der nächsten Gemeindevertretungsperiode gibt es keine Sanierungsmöglichkeit mehr!

Deswegen ergeht seitens der Diözesanen Umweltbeauftragten der Evangelischen Kirche Österreich folgender dringender Aufruf zur bevorstehenden Wahl der neuen Gemeindevertretung im Herbst:

  1. Wenn Sie einen aktiven Beitrag zur klimagerechten Entwicklung der Pfarrgemeinde leisten möchten, melden Sie sich als Kandidat/in.

    Angesprochen sind hierbei insbesondere VertreterInnen der jüngeren Generation, ExpertInnen aus klimarelevanten Bereichen, die ihr Wissen einbringen können genau so wie Personen, die selbst klimagerecht leben und Erfahrungen einbringen.

  2. Als Wähler/in entscheiden Sie über die Zusammensetzung der neuen Gemeindevertretung mit. Geben Sie jenen Personen eine Chance, die sich in den nächsten Jahren aktiv für das Klima und damit die Zukunft der nachfolgenden Generationen einsetzen möchten. Auch oder gerade, wenn diese Personen erstmals für die Mitwirkung in der Gemeindevertretung kandidieren.

Wenn wir alle zusammenhalten und die so wichtigen Beiträge zum Schutz des Klimas und damit zur Aufrechterhaltung der Lebensgrundlagen für unsere Kinder, Enkel und künftige Generationen durch konkretes Handeln leisten, können wir der Verantwortung für die Schöpfung gerecht werden. Es ist unsere letzte
Chance! Nutzen wir sie!

Dr. Dietmar Kanatschnig
Beauftragter für Klimavorsorge und Nachhaltige Entwicklung der Evangelischen Kirche Österreich